Informationsbroschüre Stadt Roth - page 101

Museen
Fabrikmuseum Roth:
Ein Umzug hat den Grundstein für eine preis-
gekrönte Erfolgsgeschichte gelegt: Eine alte
Fabrikhalle aus der Zeit der 1920er Jahre,
mit Stechuhr, Umkleideräumen, Büros, einem
Jacquard-Webstuhl – wer hier steht und sich
umsieht, die Geräusche der Maschinen hört,
kann sich genau vorstellen, wie die Menschen
vor knapp hundert Jahren dort gearbeitet ha-
ben. Das Fabrikmuseum in Roth dokumentiert
in eindrucksvoll lebendiger Weise die Herstel-
lung von Leonischen Waren in Roth zu Beginn
des vergangenen Jahrhunderts. Weil die histo-
rische Darstellung der Leonischen Arbeitswelt
so gut gelungen ist, ist das Fabrikmuseum im
Jahr 2003 mit dem
Bayerischen Museumspreis
ausgezeichnet worden. Und dabei hatte es nur
wenige Jahre zuvor noch danach ausgesehen,
als müsste das ursprünglich auf dem Areal
der Bayer. Kabelwerke Roth in der Otto-
Schrimpff-Straße 16 untergebrachte Fa-
brikmuseum Roth seine Türen schließen.
Der Eigentümer der bisherigen Räume (seit
1988) hatte Eigenbedarf angemeldet. Die
Stadt Roth als Träger des Fabrikmuseums
sprang ein und stellte dem Historischen
Verein Roth den perfekten Standort für die-
ses Museum zu Verfügung: das
ehemalige
Fabrikgebäude „Obere Mühle 4“
. Denn an
diesem Ort hat man schon im Mittelalter
eine Schleifmühle mit Hilfe eines Wasser-
ades angetrieben. Ein Wasserrad kann man
heute daher ebenso bewundern wie einen,
dem historischen Original nachgebauten
Schaukeldrahtzug: Ein gewisser Nicolas von
Preissen hatte im Jahr 1418 dort Schaukel-
drahtzug aufgestellt und damit die Arbeit
der Drahtzieher revolutioniert. Der Huge-
notte George Fournier hat das Handwerk
zur Herstellung Leonischer Waren zu Beginn
des 17. Jahrhunderts nach Roth gebracht,
der Tressenfabrikant Johann Philipp Stie-
ber hat es dann im großen Stil ausgebaut.
Seit Mai 2013 kann im Fabrikmuseum eine
historische Vergolderei bewundert werden.
Auch der Heimarbeiterbereich wurde neu
gestaltet. Beides war nur möglich gewor-
den, weil die Stadt Roth einen Anbau am
Museumsgebäude errichtete.
Fabrikmuseum Roth
Obere Mühle 4, 91154 Roth
Telefon, Voranmeldung
09171 60564 oder 09171 856661
• Öffnungszeiten:
Von März (Frühlingsanfang) bis Ende
Oktober: Samstag und Sonntag
von 13:30-16:30 Uhr.
Während der Sommerferien in Bayern
auch am Mittwoch
von 13:30-16:30 Uhr
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Leonische Waren
Schon die Ägypter und Levantiner haben
mit Leonischen Waren gearbeitet. Nur hie-
ßen sie bei ihnen nicht so. Leonische Waren
sind feine Drähte und die Produkte, die aus
ihnen hergestellt werden, wie Stickereien,
Bänder, Borten, Christbaumschmuck, Klos-
terarbeiten. Am Anfang hat man Gold- und
Silberdrähte dafür benutzt, später dann
Kupferdrähte, die versilbert und vergoldet
wurden, und noch später Kupferdrähte mit
Messingoberfläche (sah nur noch nach Gold
aus). Einen entscheidenden Aufschwung er-
lebte das Handwerk um 1600, als es Manu-
fakturen in Italien und Frankreich gelungen
ist, die Drähte mit „Plättmühlen“ platt zu
walzen – flacher Draht lässt sich eben bes-
ser verarbeiten als runder Draht. Zentrum
der Herstellung von Leonischen Waren war
im Mittelalter und der Frühen Neuzeit Lyon
in Frankreich. Daher auch die Bezeichnung
„lyonisch“, „lionisch“, später dann „leo-
nisch“.
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