Wirtschaft und Arbeit
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Sie haben die Firma Aichinger 1995
übernommen. Wie hat sich das Unternehmen
in den vergangenen Jahren entwickelt?
Günther Hertel
Eigentlich war ich ja schon im Ruhestand, als
mir die damals insolvente Firma angeboten
wurde. Mit meinem langjährigen Weggefähr-
ten Norbert Schumacher habe ich sie mir
genau angesehen, wir haben das Potential
erkannt und arbeiten seitdem intensiv daran,
Aichinger voranzubringen. Dank des Einsatzes
aller Mitarbeiter ist Aichinger heute eine der
Top-Adressen für Lebensmittelhandel, Gastro-
nomie und Hotellerie, wenn es um Konzept,
Design und Realisierung individueller Einrich-
tungslösungen geht – inklusive Beleuchtung
und Profiküche.
Norbert Schumacher
Es war ein kontinuierlicher Entwicklungspro-
zess. Wir sind erst einmal mit einer Rumpf-
mannschaft gestartet und haben gezielt in
wichtige Bereiche wie Produktion, Vertrieb,
Marketing und EDV investiert. So sind wir
kontinuierlich nach vorne gekommen – immer
unter der Maxime: Wir sind zwar in der Hand-
werksrolle eingetragen, aber wir arbeiten nach
hocheffizienten industriellen Prinzipien in
Planung und Fertigung. 1996 haben wir mit
160 Mitarbeitern rund 13 Millionen Euro
Umsatz erarbeitet, letztes Jahr mit 310 Mitar-
beitern ca. 70 Millionen. Daran erkennt man,
dass die Investitionen sich gelohnt haben, um
diese Effektivität und Innovation heraus zu
holen.
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Sie haben ja auch ganz ordentlich expandiert.
Wo liegen ihre Schwerpunkte?
Günther Hertel
Wir sind hauptsächlich in Deutschland, Öster-
reich und in der Schweiz tätig, expandieren
aber zunehmend in den restlichen EU-Staaten,
Russland und in den Golfstaaten. Für die Ent-
wicklung von Aichinger haben wir uns natür-
lich auch nach sinnvollen Beteiligungen um-
gesehen und uns vor Jahren bereits an einer
Firma beteiligt, die auf Beleuchtung speziali-
siert ist. Schließlich taugt der beste Laden
nichts, wenn er nicht richtig ausgeleuchtet ist.
Norbert Schumacher
Mit dem Kauf eines Betriebes im Bayerischen
Wald haben wir Aichinger 2005 um eine Edel-
stahlfertigung erweitert Ein wichtiger Zuwachs
der Unternehmensgruppe war auch die Firma
Kiesel in Schwaig. KIESEL ist ein weltweit
führender Anbieter von Kücheneinrichtungen
für Schienenfahrzeuge. Küchen von KIESEL
finden Sie in allen ICE-Speisewagen, aber auch
im spanischen Velaro und in Luxuszügen in
China usw. Den Geschäftsbereich KIESEL Profi-
küchen haben wir vor kurzem bei Aichinger
integriert, um unseren Kunden noch umfassen-
dere Systemlösungen aus einem Guss anbieten
zu können.
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Welche Faktoren machen den Markt Wendelstein
als Standort für einen Global Player interessant?
Günther Hertel
Wir finden hier, was wir brauchen: eine gute
Verkehrsanbindung, engen Kontakt zumMarkt
Wendelstein und dem Landkreis Roth, wo wir
immer ein offenes Ohr für unsere Anliegen
finden. Ganz wichtig sind uns unsere Mitar-
beiter, die hauptsächlich aus Wendelstein und
Umgebung kommen. Qualifizierte Mitarbeiter
sind der wichtigste Erfolgsfaktor! Somit hat
sich die Frage nach räumlicher Veränderung
eigentlich nie gestellt.
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Stichwort „Nachwuchs“ – Sie arbeiten eng
mit den Schulen vor Ort zusammen.
Wie sieht dieses Engagement aus?
Günther Hertel
Bei Bewerbern haben wir früher teilweise Män-
gel in Mathematik und Rechtschreibung fest-
gestellt. Also haben wir beschlossen, enger mit
der Hauptschule zusammen zu arbeiten. Zum
Beispiel haben wir die Hauptschule mit 14 so-
genannten „Smartboards“ ausgestattet. Damit
ist der Unterricht auf dem letzten Stand der
Technik und der Lernanreiz wird gefördert. An
Donnerstagnachmittagen können Schüler der
siebten Klassen im Rahmen eines Praktikums
in verschiedene Berufe hineinschnuppern. So
können wir potentielle Mitarbeiter für die
Zukunft finden, in der Berufswahl unterstüt-
zen und auf die Anforderungen vorbereiten.
Aktiv weit über die Grenzen Wendelsteins hinaus
Interview mit Günther Hertel, 69, geschäftsführender Gesellschafter der Firma Aichinger
und Norbert Schumacher, 58, Geschäftsführer der Firma Aichinger