Wie war Ihr erstes Gefühl, als Sie Nailaer Boden
unter den Füßen hatten?
Es war überwältigend. Ich kann das gar nicht richtig be-
schreiben. Wir waren so glücklich, dass die Flucht ge-
glückt war.
Wie hat man Sie in Naila empfangen?
Es gab einen riesigen Empfang. Die Menschen waren
sehr nett und hilfsbereit. Sie haben uns mit Kleidung und
Essen versorgt. Ein Metzger aus Marxgrün hat uns sogar
gleich was zu essen gebracht, obwohl doch Sonntag war.
Die Kinder haben Schuhe aus der Nailaer Schuhfabrik be-
kommen.
Wie haben Sie dort am Anfang gelebt?
Der damalige Bürgermeister Robert Strobel hat uns
gleich Wohnungen angeboten. Zuerst haben wir aller-
dings im Hotel gewohnt, in Alexander Hermanns Hotel in
Wirsberg im Hotel „Zur Post“. Der „Stern“ hatte uns da
untergebracht. Meine Familie hat dann ein Jahr in Nai-
la gelebt. Ich habe eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker
gemacht, meine Frau hat eine Anstellung als Verkäuferin
bekommen und unsere Kinder sind in den Kindergarten
gegangen. Dann musste unser Haus abgerissen werden
und wir sind umgezogen. Erst nach Schauenstein, dann
nach Hof. Jetzt leben wir in Betzenstein in der Fränki-
schen Schweiz.
Was bedeutet Naila für Sie?
Naila hat für uns eine sehr große Bedeutung. Es war die
erste Heimat in unserem neuen Leben. Wenn ich früher
als Außendienstler in der Gegend unterwegs war, habe
ich immer einen Abstecher nach Naila gemacht. Wir füh-
len uns Naila sehr verbunden.
Weberhaus in Marlesreuth
Alte Webstühle, Spulen, Möbel aus der Zeit um 1900 – all
das und noch viel mehr können die Besucher im Weber-
haus in Marlesreuth bewundern. Das Weberhaus ist eines
der ältesten Häuser in Marlesreuth. Die Weberei, vor allem
die Hausweberei ist im 19. Jahrhundert eine der wichtigs-
ten Arbeiten neben der Landwirtschaft gewesen, mit der
die Marlesreuther ihren Lebensunterhalt gestemmt haben.
Im Jahr 1880 gab es in Marlesreuth 110 Häuser und 185
Webstühle. Von dieser Zeit, da das alte „Wieb“ das Leben
der Marlesreuther zum großen Teil bestimmt hat, erzählen
die Ausstellungsstücke im Weberhaus.
Interview mit Günter Wetzel:
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Kultur