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Der letzte seiner Zunft

Kurt Meier ist der einzig verbliebene Metalldrücker in

Wendelstein. Die Entwicklung der Marktgemeinde wurde

durch dieses Handwerk über Jahrhunderte geprägt.

Seit wann gib es Ihren Metalldrückerbetrieb in Wendelstein?

Der Betrieb wurde von meinem Großvater Johann Georg

Meier um 1900/1910 gegründet. Später übernahm ihn mein

Vater Jean Meier. Damals waren fünf bis sechs Angestellte

beschäftigt. Ich habe bei den Fella-Werken in Feucht Werk-

zeugmacher gelernt und anschließend „Metalldrücken“ bei

meinem Vater. 1970 konnte ich den Meistertitel bei der Firma

Kreiselmeyer in Kornburg erwerben. 1978 habe ich den

Betrieb übernommen. Unser Metalldrückerbetrieb war auf

Stahlblech spezialisiert, andere haben Aluminium bearbeitet.

Manche Betriebe hatten auch eine halbautomatische Drück-

bank, wir jedoch nicht.

Wie hat sich der Beruf des Metalldrückers entwickelt?

Den Beruf „Metalldrücker“ gibt es seit der Erfindung des

Stroms. Also etwa 150 Jahre. Vorher wurden ähnliche Arbei-

ten von Kupferschmieden gefertigt. Aufgrund der Erfindung

von Pressen sowie Zieh- und Stanz-Werkzeugen nahmen die

Aufträge für die Metalldrücker stetig ab. Das Handwerk ist

mittlerweile nahezu ausgestorben. Es existieren nur noch

Großbetriebe mit Automaten. Deshalb gibt es für meine

Werkstatt leider auch keine Zukunft.

Was sind Ihre wichtigsten Werkzeuge?

Dies sind die Drückbank, der Druckstahl, der Polierständer,

der Ölwischer und der Ledergurt. Daneben sind Kreativität

bezüglich der Materialverwendung, Umformung bestehen-

der Teile sowie der Änderung/Umwidmung bestehender

Formen gefragt.

Woher kommen die Formen?

Früher waren die Formen aus Holz. Bei großer Stückzahl

wurde jedoch eine Stahlform angefertigt. Mittlerweile fer-

tige ich die Formen, ob aus Holz oder aus Stahl, selbst. Ich

hätte aber auch die Möglichkeit sie von einer Drittfirma her-

stellen zu lassen.

Was wurde früher produziert und wo liegen heute die

Schwerpunkte?

Früher waren es Lampenschirme und Pokale, sowie techni-

sche Teile, z.B. Abdeckungen für Elektromotoren. Heute

sind es Trompeten- und Posaunendämpfer (aus Aluminium,

Kupfer und Messing) sowie Sonderanfertigungen. Jeder

Metalldrücker hatte eigene Gewinde für die Formen, um

den Formenklau zu unterbinden.

Was war das meist produzierte und das außergewöhnlichste

Stück?

Bis vor 20 Jahren haben wir Friseurflaschen (ähnlich wie Par-

fumflakon) zu Tausenden hergestellt. Mein außergewöhn-

lichster Auftrag war das Überdrücken mit Silberblech des

Schwertknaufs eines Offiziers der Schweizer Garde.

Welche Bedeutung hat der Beruf und warum ist er heute

selten?

In den 1980ern begann der Niedergang des Handwerks in

Deutschland. Ich war mit meinem Betrieb bis 2012 noch

Zulieferer für die Industrie. Leider verlagerte die Industrie

die Produktion nach Asien. Qualifizierte handwerkliche Leis-

tungen sind vielen zu teurer. Metalldrücken ist auch kaum

als Hobby geeignet, weil gewisse Maschinen vorgehalten

werden müssen.

Was ist der besondere Reiz an Ihrem Beruf?

Mir gefällt es, Lösungen für die besonderen Wünsche der

Kunden zu finden. Beim Metalldrücken muss man, trotz aller

Routine, mit voller Konzentration bei der Sache sein. Sonst

ist das Drückteil Ausschuss. Ich bin stolz auf meine langjäh-

rige Tätigkeit als Metalldrücker. Ein anschaulicher Film über

das Metalldrücken kann bei Gerd Martin (Schulstraße 18 in

Röthenbach, Telefon 09129 3349) erworben oder in der

Gemeindebücherei entliehen werden.