85
Der letzte seiner Zunft
Kurt Meier ist der einzig verbliebene Metalldrücker in
Wendelstein. Die Entwicklung der Marktgemeinde wurde
durch dieses Handwerk über Jahrhunderte geprägt.
Seit wann gib es Ihren Metalldrückerbetrieb in Wendelstein?
Der Betrieb wurde von meinem Großvater Johann Georg
Meier um 1900/1910 gegründet. Später übernahm ihn mein
Vater Jean Meier. Damals waren fünf bis sechs Angestellte
beschäftigt. Ich habe bei den Fella-Werken in Feucht Werk-
zeugmacher gelernt und anschließend „Metalldrücken“ bei
meinem Vater. 1970 konnte ich den Meistertitel bei der Firma
Kreiselmeyer in Kornburg erwerben. 1978 habe ich den
Betrieb übernommen. Unser Metalldrückerbetrieb war auf
Stahlblech spezialisiert, andere haben Aluminium bearbeitet.
Manche Betriebe hatten auch eine halbautomatische Drück-
bank, wir jedoch nicht.
Wie hat sich der Beruf des Metalldrückers entwickelt?
Den Beruf „Metalldrücker“ gibt es seit der Erfindung des
Stroms. Also etwa 150 Jahre. Vorher wurden ähnliche Arbei-
ten von Kupferschmieden gefertigt. Aufgrund der Erfindung
von Pressen sowie Zieh- und Stanz-Werkzeugen nahmen die
Aufträge für die Metalldrücker stetig ab. Das Handwerk ist
mittlerweile nahezu ausgestorben. Es existieren nur noch
Großbetriebe mit Automaten. Deshalb gibt es für meine
Werkstatt leider auch keine Zukunft.
Was sind Ihre wichtigsten Werkzeuge?
Dies sind die Drückbank, der Druckstahl, der Polierständer,
der Ölwischer und der Ledergurt. Daneben sind Kreativität
bezüglich der Materialverwendung, Umformung bestehen-
der Teile sowie der Änderung/Umwidmung bestehender
Formen gefragt.
Woher kommen die Formen?
Früher waren die Formen aus Holz. Bei großer Stückzahl
wurde jedoch eine Stahlform angefertigt. Mittlerweile fer-
tige ich die Formen, ob aus Holz oder aus Stahl, selbst. Ich
hätte aber auch die Möglichkeit sie von einer Drittfirma her-
stellen zu lassen.
Was wurde früher produziert und wo liegen heute die
Schwerpunkte?
Früher waren es Lampenschirme und Pokale, sowie techni-
sche Teile, z.B. Abdeckungen für Elektromotoren. Heute
sind es Trompeten- und Posaunendämpfer (aus Aluminium,
Kupfer und Messing) sowie Sonderanfertigungen. Jeder
Metalldrücker hatte eigene Gewinde für die Formen, um
den Formenklau zu unterbinden.
Was war das meist produzierte und das außergewöhnlichste
Stück?
Bis vor 20 Jahren haben wir Friseurflaschen (ähnlich wie Par-
fumflakon) zu Tausenden hergestellt. Mein außergewöhn-
lichster Auftrag war das Überdrücken mit Silberblech des
Schwertknaufs eines Offiziers der Schweizer Garde.
Welche Bedeutung hat der Beruf und warum ist er heute
selten?
In den 1980ern begann der Niedergang des Handwerks in
Deutschland. Ich war mit meinem Betrieb bis 2012 noch
Zulieferer für die Industrie. Leider verlagerte die Industrie
die Produktion nach Asien. Qualifizierte handwerkliche Leis-
tungen sind vielen zu teurer. Metalldrücken ist auch kaum
als Hobby geeignet, weil gewisse Maschinen vorgehalten
werden müssen.
Was ist der besondere Reiz an Ihrem Beruf?
Mir gefällt es, Lösungen für die besonderen Wünsche der
Kunden zu finden. Beim Metalldrücken muss man, trotz aller
Routine, mit voller Konzentration bei der Sache sein. Sonst
ist das Drückteil Ausschuss. Ich bin stolz auf meine langjäh-
rige Tätigkeit als Metalldrücker. Ein anschaulicher Film über
das Metalldrücken kann bei Gerd Martin (Schulstraße 18 in
Röthenbach, Telefon 09129 3349) erworben oder in der
Gemeindebücherei entliehen werden.